Lazarett Götzendorf – Prinz Eugen Kaserne

1938 – ca. 1963

Quellen: Chronik Götzendorf Pischelsdorf; J FABIAN, A.GEHART;

Fotos zur Verfügung gestellt von Kameraden und Angehörigen der 9.PrGrenBrig

 

1.10.1938 Verhandlungen über Ankauf der benötigten Landfläche (200ha) Das Lager II wurde an der Straße Mannersdorf – Götzendorf ausschließlich auf Sommereiner Gemeindegebiet gebaut und als LAGER GÖTZENDORF bezeichnet.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Abschrift der Verhandlungsmitschrift:
 

Deutsche Ansiedlungsgesellschaft

Bruck, den 1.Oktober 1938

Geschäftsstelle Bruck a/d Leitha

Lagereingang Haus 62

Telefon: Bruck Nr 104.

 

Bekanntmachung.

 

Im Auftrag der Wehrkreisverwaltung XVII in Wien führen wir die Verhandlungen über den Ankauf der zur Vergrösserung des Truppenübungsplatzes Bruck erforderlichen Landflächen. Zu diesem Zweck haben wir eine Geschäftsstelle im Lager Bruck eingerichtet, durch welchen die Vorarbeiten für die daran anschliessenden Ankaufsverhandlungen bereits in Angriff genommen sind. Zur Ermöglichung einer reibungslosen und beschleunigten Arbeit der Geschäftsstelle, an der alle Beteiligten interessiert sind, wird dringend ersucht, die Geschäftsstelle in Bruck nicht aufzusuchen, vielmehr an den Sprechtagen die durch das zuständige Bürgermeisteramt bekanntzugeben werden, in der Gemeindekanzlei vorzusprechen.

Folgende Räumungstermine sind vorgeschrieben:

    1. die Flächen im Lager II sofort,

    2. Kaisersteinbruch bis 1.4.1939

    3. Gemeinde Sommerein bis 1.12.1939

Zu 1): die für das Lager II sofort beanspruchten Flächen von ca. 200 ha an der Strasse Götzendorf-Mannersdorf darf in diesem Jahr nicht mehr bestellt werden. Die genauen Unterlagen über das Besitzverhältnis werden aufgestellt Im Einvernehmen mit der Kreisbauernschaft und den Bürgermeisteramt Mannersdorf wird entschieden werden, wer von den Landabgebern Ersatzland erhalten kann. Anspruch auf Ersatzland hat nach dem Gesetz nur der Besitz in Erbhofgrösse. Es wird versucht auch kleineren Besitzern im gewissen Umfange Ersatzland zuzuteilen, wenn die Garantie für ordnungsgemässe Bewirtschaftung gegeben ist und die Lage des Ersatzlandes die Zuteilung zulässt. Verpachtete Flächen im Platzgebiet werden nicht in Land entschädigt. Gewerbstreibende und Personen anderer Berufe erhalten, sofern sie Grundeigentümer im Platzgebiet sind, gleichfalls in keinem Falle Landentschädigung.

 

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Ansprüche von Landbesitzern aus Götzendorf, die Flächen im Lager II in Bruck und gleichfalls Flächen für die Luftwaffe zur Verfügung stellen müssen, werden im Einvernehmen mit der Luftwaffe geregelt.

Zu 2):Die Taxe sämtlicher Grundstücke in Kaisersteinbruch findet noch im Laufe dieses Monats statt. Die Unterlagen für die Taxe werden von uns beim zuständigen Amtsgericht aufgestellt und jeden Besitzer zur Anerkennung vorgelegt, damit auch die Gewähr gegeben ist, dass der Besitz restlos erfasst wird,-

Die Felder in Kaisersteinbruch sind nicht mehr zu bestellen.

Zu3): Die Flächen in Sommerein sind ordnungsgemäss zu bestellen und werden auch vom Besitzer im nächsten Jahre noch abgeerntet. Die Unterlagen für die Schätzkommission werden im Laufe dieses Herbstes und Winters aufgestellt.

Von den Grundstücksbesitzern in Kaisersteinbruch und Sommerein, dernen Wirtschaftten im Ganzen angekauft werden, ist Folgendes zu beachten:

 Anspruch auf Umsiedlung haben nur Betriebe in Erbhofsgrösse. Der früheste Übergabetermin der neu errichteten Wirtschaften auf den Umsiedlungsgütern, die in diesem Jahr und im nächsten Frühjahr gekauft werden, ist Ende 1939. Eine Barauszahlung des Schätzwertes erfolgt im Falle einer Umsiedlung nicht, vielmehr wird dafür der Ersatzhof zur Verfügung gestellt.

Wer aber nachweislich einen neuen Besitz erworben hat oder bis zum Räumungstermin erwirbt, erhält den Kaufpreis für seinen Besitz in Kaisersteinbruch bzw. Sommerein zum grössten Teil bar ausgezahlt, sofern keine Belastungen auf dem Grundstück ruhen oder angemeldete Steuerrückstände und sonstige Schulden vorhanden sind. Der Restbetrag wird nach ordnungsgemässer Abwicklung des Ersatzhofkaufes zur Auszahlung gebracht.

Beim Kauf eines Ersatzgrundstückes ist folgendes zu beachten und den zuständigen Notar btw. Rechtsanwalt bekanntzugeben:

Der Kaufvertrag bedarf der Genehmigung der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft. Diese Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn

1). bei Grundstücken unter Erbhofgrösse die Genehmigung der Agrarbezirksbehörde abgegeben ist;

2). bei Erbhöfen die Angemessenheit des Preises von uns im Wege der zuständigen Kreisbauernschaft, ebenso auch die Eignung des zu kaufenden Besitzes für den Käufer festgestellt ist. Als Ausweis für den Kauf des Ersatzgrundstückes wird auf Wunsch unsererseits ein Umsiedlerschein ausgestellt, der jedoch in keinem Falle die Genehmigung der Agrarbezirksbehörde bzw. Anerbensgerichts ersetzt. Die Ersatzkäufe sind befreit von allen Gebühren-, Stempelabgaben und Steuern des Reiches, der Länder und sonstigen öffentlichen Körperschaften. Bei der Reichsstelle für Landbeschaffung, Berlin W 8, Friedrichstrasse 79a, wird nach erfolgtem Ankauf von uns die Gebührenbefreiung besonders beantragt. Dazu ist erforderlich, dass neben der beglaubigten Vertragsabschrift vom Notar nzw. Rechtsanwalt die Grösse der Ersatzgrundstücke mitgeteilt wird. Nach Weisung der Landesbauernschaft soll grundsätzlich in den Verträgen zukünftig die genaue Besitzgrösse, getrennt nach Kulturarten, aufgenommen werden.

 

Der Kaufpreis für das Ersatzgrundstück wird zu treuen Händen dem Notar bzw. Rechtsanwalt überwiesen, der für die Satzfreistellung Sorge zu tragen hat und die Genehmigung für den Ersatzkauf rechtzeitig beibringen muss.

 

Wenn die Taxunterlagen noch nicht fertig vorliegen und deshalb der Kaufvertrag noch nicht abgeschlossen werden kann, ist es möglich, zinslose Vorschusszahlungen zu erhalten, wenn die betreffenden Besitzer neue Wirtschaften angekauft haben. In diesem Falle ist es erforderlich, dass Besitzer aus Sommerein selbst den Grundbuchsauszug und den Grundbesitzbogen beschaffen. Für Kaisersteinbruch liegen die Unterlagen bereits vor.

 

 

 

DEUTSCHE ANSIEDLUNGSGESELLSCHAFT

 

Geschäftsstelle Bruck

 

Gez. Von dem Hagen.

 

Geplante Größe und Ausbau des Lager GÖTZENDORF 1944/45

 

 

 

 

 

Das Lager Götzendorf war zur Aufnahme je eines Regimentes mit bespannter Artillerie und Infanterie, sowie von Panzereinheiten vorgesehen. Es war ein Schleppgleis von der Lokalbahn in die Kaserne projektiert, wurde aber nie durchgeführt. Ebenso waren gesonderte Ausfahrtstraßen für Infanterie, Artillerie und Panzer vorgesehen. Die Vermessungsarbeiten und Planungen wurden bereits 1938 begonnen. Das erste Objekt wurde eine Bürobaracke für die Bauleitung (Block 46) gebaut. Für die Unterbringung der Bauingenieure wurden am SANDBERG 2 Blockhäuser errichtet, wovon eines noch steht. Die Aufträge für die einzelnen Kasernenobjekte wurden an verschiedene Baufirmen, mehrheitlich aus Schlesien, vergeben.
 
 
2 Wohnhäuser für die führenden Bauingenieure am Sandberg. Das im Vordergrund stehende Haus ist noch existent.
 
 
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Bis Feber 1940 waren die Blöcke 1-8 (heute 24,25,27,28,31,32,34,35), die beiden Küchenblöcke für Reservelazarett(heute 26)  und für Personal(heute33) sowie der Block Bekleidungskammer (heute 30) fertig gestellt.
Die Objekte 9-16 (heute 19,20,22,23,36,37,40) sowie Block 18 und 20 (heute 42 und 44) befanden sich im Rohbaustadium. Zum Beginn 1942 stand fest, dass in den Blocks 1 bis 8 das Reservelazarett untergebracht werden soll.
 
Mit Oktober 1942 war das Reservelazarett fertig gestellt und einsatzbereit. Das Stammpersonal war zwischen 80 und 150 Leuten, Ärzte und Pflegepersonal stark. Zu Beginn 1943 kamen die ersten Verwundeten ins Lazarett.
 
Im Objekt 1 (heute 32) war neben der Internen Abteilung auch eine Nachbehandlungsstation der Chirurgie sowie eine Prosekturabteilung untergebracht.
 
 

Am 14.12.1942 errichtete die Reichsbahnverwaltung auf der Lokalbahnlinie bei der Mannersdorfer-Kurve die Haltestelle FASANGARTEN mit einem Wartehaus in Blockbauweise.

Eisenbahnhaltestelle Fasangarten (Foto Chronik Götzendorf)

 

Im Objekt 2 (heute 31) befand sich eine Isolierstation für Infektionskranke. In den Kellerräumen war ein Sezierraum und eine Aufbahrungsstätte. Im Objekt 3 (heute 28) befand sich eine Interne Abteilung für allgemeine innere Krankheiten und nach Operationen. Das Objekt 4 (heute 27) war das Stabsgebäude mit Verwaltung und Aufnahme. Im Keller war die Entlausungsstation. Südöstlich befand sich ein einzelnstehender Block (heute 30) in dem Bekleidungskammer und Schneiderei war. In den Objekten 5,6,7, (heute 25,24,35) war die Chirurgische Abteilung. Im Block 6 (heute 28) war der Operationssaal. Im Block 7 (heute 35 ) war das Labor und die Röntgeneinrichtung. Im Objekt 12 (heute 37) war die Lazarettapotheke etabliert.

 

 

Die Objekte  9-16 (heute 19,23, 36-40) wurden erst Ende 1943 fertig gestellt. Es wurden dort vorwiegend Sehbehinderte und leichte Fälle zur Nachbehandlung (Rekonvaleszentenheim) untergebracht.
 
Im Block 9 (heute 23) waren Ende 1944 über 1000 Geschlechtskranke aus den Lazaretten in Ungarn behandelt worden.
 
Die Küchen waren im Objekt 4 und 5 (heute 36, 33) untergebracht.
 
Hinter den jetzigen Panzergaragen an der Nordseite der Kaserne waren Lagerhallen in denen Beutegut aus verschiedenen Ländern gelagert war. Aber auch alte Kleider und Fetzen wurden hier gelagert und für eine Wiederverwendung sortiert.
 
 
 
Mit dem Jahr 1943 war auch das Lazarett Götzendorf das Ziel amerikanischer Fliegerangriffen.
 
Am 16.6.1944 um ca. 1030 Uhr wurde beim Großangriff auf Wien von der Flakbatterie Fischamend-Reichsstraße ein 4mot Bomber Typ B24  getroffen.
Dieser Bomber explodierte  über der Kaserne. Von der 10köpfigen Besatzung wurden 7 tot geborgen. 1 Besatzungsmitglied kam mit dem Fallschirm in der Nähe des Block 1 herunter. Er wurde gefangen genommen und verarztet. Die vor der Evakuierung des Lazaretts noch am 1.4.1945 verstorbenen Verwundeten –insgesamt acht – wurden in einem Kameradengrab hinter dem Block 10 beigesetzt.
 
Bei der Evakuierung in der Nacht zum 2.4.1945 blieben 21 Schwerstverwundete und eine Krankenschwester zurück.
 
Nach der Räumung des Lazaretts wurde das in den Hallen gelagerte Beutegut zur Plünderung freigegeben und die Hallen anschließend niedergebrannt.
 
Die acht Leichen und weitere 14 Kriegstote wurden am 15.4.1945 unter der Aufsicht von russischen Besatzungssoldaten hinter der Prosektur in einer aufgelassenen Kalkgrube bestattet. Erst 1980/81 wurden auf dem Gelände des Lazaretts 27 Kriegstote darunter eine Frau am Soldatenfriedhof BLUMAU zur letzten Ruhe bestattet.

Nach der Evakuierung des Lazaretts übernahm die russische Besatzungsmacht die Kontrolle des ehemaligen Lazarette und funktionierte das Lazarett zu einem Auffanglager um.

Ab dem Spätherbst 1945 befand sich in dem als Kaserne geführtem Areal eine russische Panzerbrigade mit T-34 Panzern und die russische Feldeinheit 62140 (Artillerie).

Am 19.08.1955 verließen die russischen Einheiten die Kaserne und übergaben die Kaserne an Gendarmeriebeamte von Mannersdorf.

In der Nacht zum 20.08.1955 verließ der letzte russische Soldat die Kaserne. Bis zum Eintreffen der B-Gendarmerie im September 1956 bewachten die Gendarmeriebeamten die Kaserne. Mit 26.11.1956 endete die Bewachung.