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DIE 9. PANZERGRENADIERBRIGADE (1963 - 1974)
des Gruppenkommandos I

Mit Jahresanfang 1963 nahm die Brigade eine neue Gliederung ein. Die bundesweite Reorganisation hatte folgende Zielsetzung:


- Erhöhung der Einsatzbereitschaft
- Intensivierung der Ausbildung
- Konzentration verfügbarer materieller Mittel
- Trennung der Verwaltungsaufgaben von der Ausbildung und Truppenaufsicht

 


Die Einberufungen erfolgten von nun ab vierteljährlich, mit einer Grundausbildung im Ausbildungsbataillon (PzGrenB 34) und anschließender Überstellung in die vier Einsatzbataillone. Viel Kleinarbeit war zu leisten, um die neue Gliederung und das neue Ausbildungssystem zur Wirkung zu bringen.
Am 22. 5 .1963 stellte die 9. Panzergrenadierbrigade die Masse des Panzertreffens bei der großen Angelobung von Bundespräsident Dr. SCHÄRF. Im gleichen Jahr wurden der Chef des Stabes, ObstltdG KUNTNER und andere Angehörige der Brigade auf dem Truppenübungsplatz VILSECK/BRD der US-Armee mit dem Panzer M 60 A1 vertraut gemacht, mit dem die Brigade nunmehr ausgerüstet werden sollte.
Am 6.September erfolgte die offizielle Verabschiedung des langjährigen Brigadekommandanten ObstdG SPANNOCCHI mit einer Übung auf dem Truppenübungsplatz BRUCKNEUDORF und anschließendem Vorbeimarsch der Brigade, in Anwesenheit des Generaltruppeninspektors, General FUSSENEGGER, und des Befehlshabers der Gruppe I, General WALDMÜLLER.
ObstdG CHORINSKY trat seine Nachfolge an. Seine Leitlinien können auch heute noch gelten:


1. Festigung und Konsolidierung des Erreichten, insbesondere der neuen Organisation.
2. Wahrung der Kontinuität und Vermeidung von Unruhe durch Versetzungen, Garnisonswechsel usw.
3. Erhaltung des in der 9. Panzergrenadierbrigade aus der Kavallerietradition stammenden Geistes, mit seinen positiven Tugenden und Eigenschaften.


Mit 5. 6. 1964 begannen die Vorbereitungen für die Umrüstung auf den Panzer M 60 A 1. Wesentlich für die Erhöhung der Einsatzbereitschaft war übrigens auch die Ausrüstung mit dem Schweizer Funkfernschreiber MFF-1.
Das ereignisreiche Jahr 1965 brachte zunächst zwei große Paraden auf dem Ring. Am 27. April wurde 20 Jahre Zweite Republik gefeiert und am 9. Juni die Angelobung des neuen Bundespräsidenten Franz JONAS.
In dieses Jahr fiel auch eine Reihe von Katastropheneinsätzen - im April Hochwasser im östlichen Niederösterreich, im Sommer einige weitere Einsätze, im Herbst die große Unwetterkatastrophe in Kärnten und Osttirol. Auch 1966 kam es zu einem bedeutenden Hochwassereinsatz in Osttirol/Kärnten.
Am 22. und 23. September fand die erste Inspektion und Instruktion des Reservepersonals beim PzGrenB (Ausb) 34 statt. Diese Form der Übungen diente zur Oberprüfung von Bekleidung und
Ausrüstung. Es wurden dabei auch Unterrichte, Belehrungen, Weiterschulungen an Gerät und oftmals eine Schießübung durchgeführt.
Im Bereich der Garnison ZWÖLFAXING entstanden etliche Naturalwohnungen. GROSSMITTEL stützte sich aufdie Wohnbauten in BLUMAU-NEURISSHOF ab, in BADEN und NEUSIEDL am SEE wurden Wohnungen im Ortsbereich gebaut Besonders wichtig war der Aufbau der Militärsiedlung in GÖTZENDORF. Diese Wohnraumbeschaffung für das Kaderpersonal und dessen Familien war eine entscheidende Frage für den Bestand der Garnisonen.

 

 

Bau eines Wohnhauses im Garnisonsort GÖTZENDORF

 

In den Jahren 1958 -1963 erbaut und Ende der Sechzigerjahre erweitert, war die Militärsiedlung GÖTZENDORF eine wesentliche Voraussetzung für den Ausbau der Garnison und trug dazu bei, daß diese "Steppengarnison" ortsansässiges Kaderpersonal gewinnen konnte. Sie umfaßte seinerzeit einen Wohnblock mit 12 Wohnungen, 18 Einfamilien- und 16 Zweifamilienhäuser und zählte über 250 Bewohner. Es erfolgten in der Wallenstein-Kaserne viele weitere Arbeiten, um die Kaserne wohnlich zu gestalten. Bemerkenswert war die Mehrzweckhalle, die kulturellen und sportlichen Belangen diente. Die Eröffnung als Theater und Kinosaal erfolgte am 4. März 1964.
Ein Schwimmbecken und der 1969 fertiggestellte Sportplatz sowie eine Hindernisbahn dienten der Körperausbildung. Nicht weniger als 40.000 Bäume und Sträucher wurden gepflanzt.
Nach der"Pionierzeit" der Aufbaujahre bis 1962 erscheint die Periode 1963 -1967 als eine des Ausbaues und des Hineinwachsens in die neue Gliederung. Vorschriften - wie dieneue Truppenführung (TF) - führten Ausbildung und Dienstbetrieb in geregelte Bahnen. Damals moderne Waffen und Geräte, vom Panzer M 60 A 1 über die immer vollständiger werdende Schützenpanzer-Ausstattung bis zum Sturmgewehr 58 als Standardwaffe, standen zur Verfügung. im Offizierskorps waren auf der Kompaniekommandantenebene allmählich die kriegsgedienten Offiziere von der jüngeren Generation abgelöst worden. Dennoch war diese Periode nicht frei von Problemen. Das schwierigste war dabei die Kaderlage. Im Vorfeld von WIEN gelegen, in Garnisonen, die sich nicht unmittelbar an größere Orte abstützen konnten, stets dem Sog der Dienststellen in der Bundeshauptstadt ausgesetzt, hatte und hat die Brigade alle Energien einzusetzten, um mit diesen Problemen fertig zu werden. Als wesentlich wurde einerseits die Verbesserung der Wohn-und Lebensbedingungen in den Garnisonen, andererseits die Einrichtung von günstigen Verkehrsbedingungen, vor allem aus dem Raum WIEN, erkannt und zielbewußt in Angriff genommen.
Am 1. März 1967 übergab ObstdG CHORINSKY das Kommando an den neuen Brigadekommandanten ObstdG LIKO. Am 15. Mai wurde im Zuge der Staatsvertragsfeiern die bisherige Prinz-Eugen-Kaserne GÖTZENDORF in Wallenstein-Kaseme umbenannt. Die anderen Kasernen erhielten folgende Namen: ZWÖLFAXING - Burstyn-Kaserne, BADEN - Martinek-Kaserne und GROSSMITTEL folgte im September mit dem Namen Jansa-Kaserne.
Als eine große Marschbewegung quer durch NIEDERÖSTERREICH, erstmalig in diesem Umfang, erfolgte der Anmarsch zur Verlegung nach ALLENTSTEIG im Mai 1968. Dieser zweitägige Marsch (eigentlich zwei Nächte) von über 100 Panzer- und über 300 Räderfahrzeugen verlief ohne Unfälle und sonstige Schäden. Aufsehenerregend war der Nachtmarsch der M 60 des Panzerbataillons 33 durch WIEN über die Altmannsdorfer Allee, Grünbergstraße, Kennedy-Brücke und Westautobahnauffahrt. Die Marschbewegung ging in eine Gefechtsübung über, die die Brigade in den Truppenübungsplatz ALLENTSTEIG hineinführte.
Die Ereignisse des 21. August 1968 - Einmarsch sowjetischer Truppen in der CSSR- brachten für die 9. PzGrenBrig eine Zeit besonderer Bereitschaft. Um keine Eskalation zu bewirken, wurde von der politischen Führung auf eine Mobilmachung verzichtet und die Grenzräume von Truppen freigehalten.
Das Jahr 1968 brachte durch die sogenannte "Straffung und Rationalisierung" einige einschneidende Veränderungen in der Organisation. Die 3. Kompanien des PzB 33 und PzGrenB 35 wurden "stillgelegt", die 3./34 (Ausbildungsbatterie) in BADEN an die I./AR 1 abgegeben, die 2.1 PzAA 9 aufgelöst und die Fliegerabwehrbatterie aus GÖTZENDORF nach BADEN verlegt. Die Nachschub-und Transportkompanie wurde mit der Panzerwerkstättenkompanie zur Nachschub-, Transport- und Instandsetzungskompanie (NTIKp) verschmolzen.
Am 20. Februar 1969 übernahm die Firma Simmering-Graz-Pauker die Patenschaft über das Panzerbataillon 33, wobei in Gegenwart von Bundesminister PRADER, Generaltruppeninspektor General FUSSENEGGER und des Brigadekommandanten ObstdG LIKO eine Urkunde, ein Standartenband und ein Ehrensignalhorn überreicht wurden. Es handelte sich dabei um die erste Patenschaft (später Partnerschaft) im Bundesheer überhaupt. Die Verbindung zwischen diesem Betrieb und dem Panzerbataillon wurde seither in beispielhafter Form weiter gepflegt.
Einen besonderen Höhepunkt für die Brigade stellte die große Herbstübung "BÄRENTATZE" der Gruppe I dar. Sie fand ihren Auftakt in einer Brigadeverlegung nach ALLENTSTEIG, aus der unmittelbar in den Manöverraum abgerückt wurde. Überprüft wurde das Konzept der beweglichen Verteidigung im einigermaßen geeigneten Gelände, um Zeit für das Heranführen der in der liefe verfügbaren Jägerbrigaden zu gewinnen.
Die Stärke der "9. Division" / Partei Orange war: 4.313 Mann, 186 Kettenfahrzeuge und 900 Räderfahrzeuge. Es wurde eindeutig der Nachweis erbracht, daß operative Bewegungen der Infanterie auf dem Gefechtsfeld entscheidende Mängel aufweisen. Der Grundstein der zukünftigen Entwicklung einer Abhaltestrategie mittels "stationärer" Abnützung wurde gelegt.
1970 brachte für das Heer eine neue Situation. Eine einschneidende Heeresreform zeichnete sich ab. Im Mai 1970 konstituierte sich die Bundesheerreformkommission. Während dort verhandelt wurde und Heeresgegner ein Volksbegehren zur Abschaffung des Bundesheeres betrieben, wurde der dienstliche Alltag durch die Diskussionen über Heeresreform und Dienstzeitverkürzung geprägt und getrübt. Das Brigadekommando vertrat bei dienstlichen und außerdienstlichen Anlässen immer wieder die Ansicht, daß für die mechanisierte Truppe nur ein äußerst geringer Prozentsatz an 6-Monatedienern in Frage kommen kann, wenn diese Truppe eine entsprechende Schlagkraft aufweisen soll.
Materiell gab es einige wesentliche Verbesserungen. Die Artillerie gab ihre veralteten M7B2 (Priest) ab und erhielt mit der Panzerhaubitze M 109 ein modernes Panzergeschütz. Bei den Panzergrenadieren waren die mit 2cm-Maschinenkanonen ausgerüsteten Schützenpanzer eingeführt worden.
Am 2. Juli 1970 wurde der nach mehrjähriger Bauzeit fertiggestellte Sportplatz der Wallenstein-Kaserne mit einem Brigadesportfest eröffnet. Im selben Jahr wurde auch ein neuer Pistolenschießstand fertiggestellt.
Am 11. Dezember 1970 wurde der GTI General der Infanterie FUSSENEGGER anläßlich seiner bevorstehenden Pensionierung von der 9. Panzergrenadierbrigade feierlich verabschiedet. In Form einer Marschübung wurden die Verbände der Brigade nach GÖTZENDORF verlegt und auf dem Garnisonsübungsplatz zu einer Feldparade aufgestellt.
Am I. April 1971 lief beim PzGren B 35 die Erprobung eines neuen Ausbildungsplanes für einen 6-monatigen Grundwehrdienst. Dazu wurde ein eigener Ausbildungszug aufgestellt.
Vom 13. - 18. September fand eine Kampfgruppenübung der Brigade im Raum HARTBERG in der STEIERMARK statt.
Ab Oktober 1971 standen auf Grund der Wehrgesetznovelle nur mehr 6-Monatesoldaten zur Verfügung, die in Zukunft dreimal im Jahr - Oktober, Februar und Juni - einrücken sollten. Da auch das Grundwehrdieneraufkommen zu den Einrückungsterminen sehr schwach war, standen von diesem Termin an die Kasernen halbleer. Es begann eine besonders schwierige Periode, die dem Kader der Brigade arbeitsmäßig und seelisch schwere Belastungen auferlegte.
Die 9. PzGrenBrig hat frühzeitig die Bedeutung der freiwillig Längerdienenden (fvGWD) erkannt und eine entsprechende Werbekampagne begonnen. Der volle Einsatz aller Beteiligten, vor allem der Kompaniekommandanten, brachte überraschende Erfolge. Bis Anfang 1972 wurden über 100 Längerdienende geworben.
Mit 3. 7. 1972 übernahm ObstdG TRETTER das Kommando über die 9. PzGrenBrig